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Lechzeit in Lubniewice


Unsere tolle Unterkunft direkt am Wasser:
Die Kapitansbuda, oder so ähnlich ....

Unsere Angelstege im Abendlicht

Der grössere der beiden in vier Tagen gelandeten Brassen!!!
Kurzfristig konnte ich mich einer dreiköpfigen Anglergruppe anschliessen, die einige Tage mit entspanntem Angeln gleich hinter der Grenze in Polen verbringen wollte.

Da ich schon immer mal wissen wollte, was so auf der anderen Seite der Grenze los ist, war ich natürlich sehr gespannt. Am Sonntagmorgen um zehn ging es in Zepernick los in Richtung Küstrin/Kietz.
Nach der Grenze auf der 22 Richtung Gorzow, dann nach ca. 30 Kilometern rechts auf die 136, von dort ist man nach einigen Kilometern schon in Lubniewice, unserem Ziel. Dies ist ein ländlicher Ferienort in der Woiwodschaft Lebus und von drei Seen und viel Wald umgeben.
Die kleine Stadt hat ein Rathaus, eine Post und einige kleine Geschäfte und Restaurants.

In der Saison gibt es auch viele private Übernachtungsmöglichkeiten, aber wir waren offensichtlich noch in der Vorsaison angereist. Zuerst steuerten wir eine der aus dem Internet ausgedruckten Adressen an, eine Anlage mit Finnhütten direkt am Wasser und eigenem Bootsverleih. Die Hütten waren in einer ziemlich niedrigen Kategorie auf der Komfortskala einzuordnen, aber das störte uns nicht weiter.

Da sich aber wenig Platz für vier Leute zum entspannten Angeln fand und die Boote wirklich zu klein zu Angeln waren, entschieden wir uns, eine weitere Adresse aus dem Internet anzusteuern. Dieses Haus war aber leider ganz geschlossen und ein weiteres in der Nachbarschaft hatte zwar den morbiden Charme einer Sperrmüllsammlung, aber das eine Boot war kaputt, das andere hatte mehrere Löcher im Stahl.

Die nächste Ferienanlage auf der Liste war ebenfalls geschlossen und bevor uns der Mut verliess, stärkten wir uns mit Kotletki und Frytki beim einzigen Bootsverleih vor Ort. Dort sprach man Englisch und es ging einigermassen geschäftig zu, am naheliegenden Strand spielten die Kinder, aber das Ausleihen der Tretboote war nur für den Tag möglich und das einzige Motorboot war nur kurzzeitig auszuleihen.

Wir sahen unsere Chancen auf ein Boot deutlich schwinden und hatten noch immer keine Unterkunft. Die nächste Ferienanlage hatte zwar Platz und war relativ modern, wollte uns aber für vier Tage keine Unterkunft geben. Das seien zuwenig Übernachtungen.

Es war schon nach drei und unsere Hoffnungen schwanden. Da tauchte am Ortsausgang ein Schild auf, das auf die Anlage "Pod Basta" verwies und wir wussten, dies ist unser Ziel. Nach wenigen Kilometern durch den Wald fanden wir die Anlage sehr idyllisch am See liegen und nach kurzer Diskussion mit einer diesmal sogar deutsch sprechenden Angestellten war klar, dass wir hier bleiben wollten. Die Finnhütten waren aber dunkel und ungemütlich, zudem zu weit vom See entfernt und die Bungalows waren so klein, dass man nicht einmal zu zweit darin stehen konnte, nur dank unserer Beharrlichkeit konnten wir noch ein weiteres Objekt direkt am Ufer in Augenschein nehmen.

Es handelte sich dabei um ein Bootshaus auf dem sich eine erstaunlich schiefe Hütte mit zwei kleinen Zimmern im Bauhausstil befand. Die war zwar noch vermietet, wurde aber in der nächsten Stunde frei und wir hatten endlich unser Quartier gefunden. Das Versprechen, dass am folgenden Morgen zwei Angelboote zur Verfügung stünden, gab dann den Ausschlag.
Zwar lagen die Toiletten und Duschen um 150 Meter den Hügel hinauf gelegenen Haupthaus, aber das störte uns nicht weiter. Unten drei Stege und ein herrlicher Ausblick über den ganz von Wald umgebenen See. Die Übernachtung kostete ca. sechs Euro pro Person, dafür kann man auch nicht allzu viel Komfort erwarten.

Als es Abend wurde, waren auch die restlichen drei Gäste der Anlage abgereist, eine himmlische Ruhe legte sich über den Wald. Die Angeln lagen alle draussen und wir liessen uns die ersten Lech-Premium schmecken. Mit der Stippe waren schnell einige Plötzen gefischt, die als Köderfische dienten.
Als es schon auf die zwölf zuging und noch kein einziger Biss unsere Angeln mit den verschiedenen Ködern erreicht hatte, machte sich doch eine leichte Ungeduld breit.

Mal sehen, was der nächste Tag bringt. Plötzen, Plötzen, Plötzen! Alle gleich gross. Keine Einzige überschritt die Zwölfzentimetermarke. Kein Barsch weit und breit, kein Brassen verirrte sich an unsere mittlerweile gut angefütterten Plätze.
Wir wurden etwas ratlos. Aber es war ja Sommer und vielleicht bissen die Fische ja erst wieder am Abend.

Ich begann eine Erforschung der umliegenden Uferbereiche und konnte nicht eine geknackte Muschelschale entdecken, kaum Pflanzen im Wasser, sehr kleine Seerosen, keine Fische in den spärlichen Schilfrändern. Meiner Theorie nach also ein sehr nährstoffarmes Gewässer mit geringem Fischanteil.

Das Versprechen mit dem Boot schien vergessen worden zu sein, die deutschsprachige Angestellte arbeitete offenbar nur am Wochenende und der Chef erzählte dauernd was von Polizei und Kontrollen und es wurde schnell deutlich, dass wir hier kein Boot erwarten konnten.
Offenbar wollte man uns nur am Platz halten, um bis zum Beginn der Saison wenigstens ein Trinkgeld verdient zu haben.

Immerhin fing ich am Abend einen kleinen Brassen und konnte auch einige wirklich sehr kleine Barsche entdecken. Das machte neue Hoffnung für die Nacht. Überall rund um den See stiegen die Jungfische nach oben, aber wie auch am Abend zuvor war nirgends ein lauterer Platscher zu hören.
Keinerlei Hinweise auf grössere Fische, kein Rauben durchschnitt die Stille.

Ich hatte an diesem Tag bereits einen Laden ausgemacht, der neben einem Supermarkt auch Anglerbedarf führte, dort lagen nur Stipphaken und einige Blinker in der Auswahl, was mir schon zu denken gegeben hatte. Der See wird weder von einem Fischer, noch von einem Angelverein bewirtschaftet und die vielen privaten Angelboote, die tagsüber und abends auf dem See kreuzten, liessen auf einen regelmässig hohen Angeldruck schliessen.

Auch dieser Abend blieb ohne Biss, ausser einigen Schnurschwimmern blieb alles ruhig und mittlerweile ziemlich enttäuscht, beschlossen wir, uns zur Ruhe zu begeben. Gerade als ich kurz vor eins in den Schlafsack stieg, hörte ich eine meiner Glocken, die ich in die lose Schnur eingehängt hatte, zu Boden fallen.
Schnell raus aus dem Sack und runter auf den Steg gerannt. Die Rute war in Richtung des einzigen Pflanzenfeldes vor Ort ausgerichtet und ich nahm schnell Fühlung auf, holte etwas Schnur ein und setzte eine kräftigen Anhieb.

Da hing etwas dran! Nach zwei Umdrehungen hing der Fisch in den Pflanzen fest und ich verlor schon alle Hoffnung. Nach sanftem Ziehen gelang es mir aber doch, ihn durch das Pflanzenfeld zu lotsen und drillte den Fisch vorsichtig heran.
Als er zum erstenmal an die Oberfläche stieg, konnte ich sofort die grossen Augen sehen und wusste, dass ich einen schönen Zander am Haken hatte.

Mittlerweile hatten meine Rufe nach Hilfe auch zu einigem Rumoren in der Hütte geführt, aber es war noch keine Hilfe in Sicht und ich landete den Fisch kurzerhand über die wackeligen Bretter der Slipanlage ans sichere Ufer. Denn natürlich lag der Unterfangkescher auf dem anderen Steg und von oben war noch immer keine Hilfe erschienen.
Mit beiden Händen hielt ich den Zander fest am Boden und endlich kam D. herbeigeeilt um den Fisch mit einem sicheren Schlag zu erlösen.

Die Freude war natürlich riesengross, wir glaubten den See überlistet und erfüllt von neuer Kraft beschloss ich, erstmal bei den Stegen zu bleiben und abzuwarten, ob sich noch was tut. Das war aber vergebens und schliesslich wankte ich wieder in meinen Schlafsack.

Am nächsten Morgen wurde ausführlich ein Ortswechsel diskutiert, aber schliesslich entschieden wir uns für einige ruhige Urlaubstage mit Plötzen und ohne Boot, anstelle von See- und Ortswechsel, weil sich eigentlich auch niemand eine grosse Änderung an einem der beiden anderen Seen vorstellen konnte.
Ein Gespräch mit dem Verkäufer im Angelladen, der plötzlich sehr gut deutsch sprechen konnte, machte uns denn auch klar, dass hier nichts besetzt wird und ausser Friedfischen und einigen Hechten und Zandern nichts zu fangen ist.

Eine kurze Inspektion eines der anderen Seen machte deutlich, dass hier die Bedingungen alle genauso sind, wie an unserem, also war der Ortswechsel endgültig gestorben. Der Tag verging wieder mit dem Plötzenstippen und ich hatte mittlerweile auf allen meinen Ruten Fischfetzen oder kleine Köderfische montiert und setzte alles auf Raubfisch.

Nachdem wir den Zander genüsslich verspeist hatten, bezog ich Quartier am Steg. Kurz vor Mitternacht ein deutlicher Biss und nach dem Anhieb ein ähnliches Ziehen an der Angel, wie in der Nacht zuvor. Diesmal aber dauerte es nur Sekunden, bis ich nur noch Pflanze am Haken spürte, der Fisch war weg.

Wahrscheinlich hatte ich meinen Anhieb zu früh gesetzt und er hatte den Köder noch nicht richtig genommen. Das war es dann auch für diese Nacht. Tagsüber bis in den Abend dann Blinkern, Twistern, Jiggen, kein Biss, kein Nichts.

Wir genossen das schöne Wetter, gingen häufig schwimmen und genehmigten uns einige Lech-Premium, was zum geflügelten Wort der "Lechzeit" wurde. In der letzten Nacht ebenfalls tote Hose, nicht ein einziges Geräusch von Aalglocke oder Bissanzeiger störte die Nachtruhe.

Am Morgen wurde alles wieder eingepackt und wir machten uns gut erholt auf den Heimweg. Wir trugen den Misserfolg mit grossen Gelassenheit und nahmen uns vor, beim nächsten Ausflug nur noch Gewässer anzusteuern, die von einem Fischer oder einem Verein bewirtschaftet werden.

So schön die Seen um Lubniewice auch gelegen sind und so schnell man es auch von Berlin aus erreichen kann, unser nächster Ausflug wird uns weit daran vorbeiführen.

Wohin, das ist noch offen!
Wels in der Oder

01.12.2008, Autor: Jürgen

Links:

Über die Woiwodschaft Lebus
Über Gorzow
Lubniewice im Netz

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