Stadtangler.de
STADTANGLER Tagebuch
ANGEL Literatur

Zur Wiedereinbürgerung des Ostseestörs

Kürzlich hatte ich im Tagebuch darauf hingewiesen, dass ein grosses Projekt zur Wiederansiedlung des Störs in der Ostsee läuft. Eigentlich nichts Besonderes, wir alle sind mit der Problematik des Störs vertraut. Überall, wo er vorkommt, wird gnadenlos Jagd auf ihn betrieben, sein Laich ist die weltweit begehrteste Delikatesse. Irgendwie hat es mich aber nicht losgelassen, ich wollte mehr darüber in Erfahrung bringen, weil ich diesen Fisch sehr faszinierend finde. Alleine aus dem Grund, dass es ihn schon so lange gibt.
Die Ostsee vor 200 Millionen Jahren war Teil eines Urmeeres, dessen Jodsole sich heute ca. 150 bis 250 Meter tief unter der Insel Rügen befindet. Seit dieser Zeit schwimmen die Störe in den Weltmeeren, sie gehören zu den erdgeschichtlich ältesten Fischen überhaupt.
Als Vertreter der Knochenfische ist sein Körper von Knochenschildern bedeckt, dazu ein Auszug aus Meyers Lexikon von 1888/90 (gefunden bei Störartige - Wikipedia):
"Stör (Acipenser L.), Gattung aus der Ordnung der Schmelzschupper und der Familie der Störe (Acipenserini), Fische mit gestrecktem, mit fünf Reihen großer, gekielter Knochenschilder bedecktem Körper, gestreckter, unbeweglicher Schnauze, unten mit vier Barteln und unterständigem, weit nach hinten gerücktem, kleinem, zahnlosem Maul.
Der Kopf ist von Knochenplatten dicht und vollständig eingehüllt, und über dem Kiemendeckel befindet sich jederseits ein Spritzloch. Die nicht mit Knochen belegten Hautstellen sind durch kleinere oder größere Knochenkerne oder Knochenspitzen rauh.
Die zwei Flossenpaare sowie die drei unpaarigen Flossen werden von gegliederten, biegsamen Knochenstrahlen gestützt, nur die beiden Brustflossen besitzen außerdem einen starken Knochen als ersten Flossenstrahl. Die kurze Rückenflosse steht dicht vor der Afterflosse, das nach aufwärts gebogene, den obern Lappen der großen Schwanzflosse bildende Schwanzende ist sensenförmig gekrümmt."
Interessant für uns ist der Ostseestör (Acipenser sturio), genetisch eng verwandt mit dem Atlantischen Stör (Acipenser oxyrinchus). Er wird zwei bis sechs Meter lang, ist also etwas kleiner als der berühmte Hausen, aus dem der Belugakaviar gewonnen wird (bis 8m). Das Gewicht der größten Fische liegt bei mehr als einer Tonne, unserer hier wird aber eher um die hundert Kilo wiegen.
Halb im Meeresboden eingegraben frisst der Stör kleine Fische und wühlt mit seinem schaufelähnlichen Kopf nach Krebsen und Weichtieren. Auch den Winter verbringt er mit einem Winterschlaf im Sand.
Um 1900 war der Stör in der Nord- und Ostsee, noch ein wirtschaftlich bedeutender Fisch, der mit eigenen Fangflotten auch in der Oder und der Elbe bejagt wurde.
Seit den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurden immer seltener Störe gefangen. Gewässerverbauung und die damit einhergehende Verschlammung ihrer Laichfründe, der Kiesflächen, sowie Wasserverschmutzung haben neben der Jagd dazu beigetragen, dass der Stör heute praktisch aus diesen Gewässern verschwunden ist.
Das könnte sich aber in naher Zukunft wieder ändern. Seit Mitte der neunziger Jahre laufen verschiedene Projekte zur Wiederansiedlung des Störs in den Zuflüssen von Nord- und Ostsee. Das Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei IGB hat in genetischen Versuchen herausgefunden, dass die Ostsee gar nicht den europäischen Stör, sondern den atlantischen Stör beheimatet hat.
Zehn dieser Fische wurden vor fast genau einem Jahr aus Halifax in Kanada eingeflogen, wo man sie zuvor aus dem St. John River gefangen hatte. Sie verbrachten eine einjährige Quarantäne in den Becken der Landesforschungsanstalt Landwirtschaft und Fischerei in Born, einem kleinen Dorf bei Zingst.
In diesem Jahr sollen die ersten Störe in der Ostsee ausgesetzt werden. Weitere dreissig Störe werden im kanadischen Huntsman Marine Science Center gehalten und sollen später importiert werden. Die Hälfte von Ihnen soll nach der Quarantäne ebenfalls ausgesetzt werden, die übrigen verbleiben in Born und werden dort zu Zuchtzwecken gehalten.

Leider reicht nämlich die Anzahl der ausgesetzten Störe nicht aus, um ihr weiteres Überleben in Freiheit zu sichern. Dies kann nach Ansicht von Eckhard Anders, Leiter der Forschungsanstalt in Born nur dann gesichert werden, wenn es gelingt, die Störe künstlich nachzuzüchten.
Ausserdem sei die Zusammenarbeit mit polnischen Forscherkollegen von großer Bedeutung, damit die Störe bei ihren Aufzügen in die Flüsse auch auf polnischer Seite von Verfolgung geschützt sind. Mit der Landwirtschaftlichen Hochschule in Stettin gibt es bereits eine Zusammenarbeit. Ähnliche Projekte laufen übrigens auch an der Elbe und in anderen Staaten.
Dennoch sind die Störe weltweit weiterhin massiv vom Aussterben bedroht. In den USA wurde im vergangenen Jahr ein Gesetz erlassen, wonach die Einfuhr von Beluga Kaviar generell verboten ist.
Wahrscheinlich wird diese Massnahme den Beluga Stör nicht mehr retten können, aber es besteht zumindest noch Hoffnung.
Für den Ostseestör!


Wels in der Oder

01.12.2008, Autor: Jürgen

Links:

Die Gesellschaft zur Rettung des Störs
Störforschung bei Fisch und Umwelt e.V.
Störartige bei Wikipedia

Kommentar schreiben



zurück zur Übersicht | nächsten Artikel lesen



STADTANGLER Login



Schliessen